Auslegung mit dem Mut zur Lücke

Vierter Sonntag im Jahreskreis

Zu Matthäus 5, 1-12a (Lesejahr A)

Auslegung mit dem Mut zur Lücke. Die Bergpredigt und die in ihr festgehaltenen Seligpreisungen gehören zu den Fundamenten des Christentums. Wenn etwas aus den christlichen Überlieferungen jedem Menschen empfohlen werden muss, dann dieser Text. Mit diesem Sonntagsevangelium taucht unweigerlich die Frage auf, ob sich der Text in einer Predigt verantwortungsvoll umfassend Auslegen lässt. Die Antwort ist eindeutig: Nein! Allein, abschrecken soll diese Tatsache niemanden.

Die Bergpredigt (Mt 5–7) kann als Grundsatzprogramm des Nazareners gelesen werden. Die Seligpreisungen der Bergpredigt sind die Zusage Jeschuas, dass Gott niemanden aus der Schöpfungsgeschichte herausfallen lässt. Niemand darf sich vom Umfeld der Gesellschaft, politisch oder religiös, einreden lassen, wertlos zu sein. Wenn Jeschua Glückwünsche formuliert, ist das nicht seine Form von billigem Vertrösten, damit die Menschen genügsam und angepasst bleiben. Es ist auch keine Motivation zu politischem Aufruhr. Vergraben in Problemen, braucht es manchmal ein Wachrütteln, um Glück wieder fühlen zu können. Es ist kein verzweifeltes Klammern an Gott aus Angst und auf der Suche nach Hilfe, sondern ein tiefes befreiendes Durchatmen. Freude darf ohne Bedenken zugelassen werden.

Vielleicht entsteht so auch die Freiheit, die eigenen Talente entdecken zu können, Talente, die sich in die Gesellschaft einbringen lassen und möglicherweise ein Baustein für das göttliche Reich sind. »Arme« und »Hungrige« meint nicht nur Menschen, die wenig Nahrung und einen niedrigen Lebensstandard haben. Menschen, denen Antworten auf Lebensfragen fehlen, gehören dazu. Und ach, die hungrig aufbrechen wollen, um die Welt zu verändern. Denn: Nichts gehört so wie es ist! Glücklich sind, die hinterfragen…

© 2023 Matthias Möller