Dritter Sonntag im Jahreskreis
Zu Matthäus 4, 12-23 (Lesejahr A)
Nicht voreilig vom Reich der Schatten täuschen lassen. Das Sonntagsevangelium wendet sich gegen ein Märchen: die biblischen Texte könnten heutigentags nur noch geistig gelesen werden. Zu fremd seien die Kultur und die Menschen der neutestamentlichen Zeit, lautet das Motto. Allenfalls ein »und wenn sie nicht gestorben sind …«, möchte man noch anfügen. Damit auch die letzten Lesenden und Zuhörenden verstünden, sie lebten in einem aufgeklärten, modernen Christentum.
Doch der Abschnitt aus dem Evangelium erzählt mitten aus dem Leben: Durch erwähnte Orte und Landschaften wird der Nazarener geografisch ganz irdisch verwurzelt. Jeschua begegnet Menschen, die er aufruft, ihr Leben zu ändern. Sie sollen einen Blick für das nahende göttliche Reich bekommen. Nicht außerirdische Gefühle sollen die Menschen entwickeln, weltfremd und abgehoben. Eine Hoffnung sollen sie aufbauen, die ihrem Leben Licht und Orientierung gibt. Der Nazarener möchte sein Programm dabei nicht allein unter die Leute bringen. Mit Menschen, die bodenständig sind, macht er sich an die Arbeit. Er bittet die Fischer vom See, ihm zu folgen, handwerklich arbeitende Menschen, die das Leben kennen. Und: Gemeinsam helfen sie den Menschen, wo sie können und vertrösten keineswegs auf ein besseres Leben im Jenseits. Was zwischen den Zeilen steht: Krankheiten und Pflegebedürftigkeit sind keine gottgewollte Plage. Wo ein Leben positiv verändert werden kann, verändert es.
Jede Dunkelheit, die sich vertreiben lässt, muss vertrieben werden. Negative Lebensumstände dürfen aufgebrochen werden. Wer aber fantasievoll mit dem Christentum eine »heile Welt« verkündet, um niemanden zu verletzen, verspottet das Programm des Nazareners.
© 2023 Matthias Möller