Weihnachten, am Morgen
Zu Lukas 2, 15–20 (Lesejahr A)
Eine Erscheinung überirdischer Herkunft hat die Aufgaben der Hirten erweitert. Und doch bleibt das weihnachtliche Sonntagsevangelium bodenständig. Menschen mit dem Beruf des Urvaters David erfahren zuerst von der Geburt des fernen Enkels. Nichts erzählt von stiller, heiliger Nacht. Wie im gesamten Advent, geht es auch am Weihnachtsfest um Aufbruch und Verkündigung. Zum Atemholen ist kaum Zeit. Beim Wort genommen, wird aus Besinnlichkeit, die von den Festtagen erwartet wird, Besinnung. Erinnern an die Geburt des messianischen Kindes. Ein Kind, das seit hunderten Geburtstagen, immer wieder neu Licht in die Welt bringt und nicht vergessen ist.
Auf diese Weise sind wir über Hochfeste verbunden. Weggerissen von eingetretenen Pfaden. Erinnert an das Programm, für das Christenmenschen in aller Welt sich eingeschrieben haben. Dauerhaft einen kleinen Säugling verehren müssen sie nicht: aufstehen, mit der Gestalt des Nazareners mitwachsen, damit kann an Weihnachten begonnen werden.
Eines muss noch klar gesagt werden: Der kleine Jeschua war ein Kind seines Volkes, ein jüdischer Junge. Den schmachtenden Blick auf das blondgelockte europäische Baby hat es nie gegeben. Auch wen alle Christenmenschen durch ihr Vorbild dem Nazarener ein Gesicht geben sollen: ein Europäer, gar Germane, ist aus dem späteren jüdischen Wanderprediger nicht zu machen. Die Hirten erzählten, was ihnen von dem Kind erzählt worden war. Was viel ist und ausreicht. Und staunenswert genug war für die Menschen, die es hörten; auch für uns, die es heute lesen, ist es staunenswert genug.
»Gott segne uns alle und jeden besonders!«, endet Charles Dickens seine Erzählung »A Christmas Carol« mit Tiny Tims Worten. In diesem Sinne: Eine frohe Weihnachtszeit!
© 2022 Matthias Möller