Vom Advent, wo Tag und Nacht sich begegnen

Erster Adventssonntag

Zu Matthäus 24, 37-44 (Lesejahr A)

Vom Advent, wo Tag und Nacht sich begegnen. Traditionen, die das ganze Jahr vergessen sind und doch zu ihrer angestammten Zeit pünktlich wieder auf der Schwelle stehen: Erinnerung an die Geburt des Nazareners und die Hoffnung auf sein erneutes Erscheinen. Untrennbar verwoben zu einem Mysterienspiel, zu einem doppelten Advent. Wer das Sonntagsevangelium hört, vielleicht liest, atmet erleichtert auf, dankbar den Text der Ordnung entsprechend vorzufinden. Gewohntes ist eben beruhigend. Doch das Gemüt, welches auf die erste Kerze hofft, damit endlich Licht ins Dunkel dieser Tage kommt, fühlt Unbehagen. Die apokalyptischen Reden Jeschuas drohen die kleine flammende Hoffnung wieder zu löschen.

Beide Charaktere wünschen sich durch die Taufe in eine ofenwarme Behaglichkeit hineingeboren zu sein. Der Nazarener allerdings fordert Wachsamkeit und Dienst von seinem alten, wie auch von seinem neuen Schülerkreis.

So kriegerisch die paulinischen »Waffen des Lichts« (Römer 13,12) tönen, gehören sie fraglos zum Handgepäck aller Christenmenschen. Bereits im Licht der Taufkerze leuchtet »das Licht des kommenden Tages«, gegen das Machtgefüge dunkler Nächte an.

Bilder aus Vergangenheit und Alltag lässt der Nazarener dazu aufblitzen. Mit ihnen beschreibt er Befürchtungen, die noch immer einen langen Atem haben. Jeschua streichelt mit seinen Vergleichen jedoch nicht den sprichwörtlichen alten Adam. Der über Generationen antrainierten Angst vor der Zukunft setzten die Evangelien bereits vor Jahrhunderten hoffnungsvolle Wachsamkeit entgegen. Nach heutigem Verständnis kommt der Text einem Tritt in den Allerwertesten gleich: Der Gang von Bethlehem bis zur endzeitlichen Ankunft des Nazareners ist kein christlicher Trauerzug. »Salz der Erde und Licht der Welt (Mt 5,13-14) sein« steht weiter auf dem Programm.

© 2022 Matthias Möller