Das Leben aufs Kreuz gelegt (2)
Lesende könnten fragen, ob diese Reise nicht hauptsächlich eine Wanderung für behinderte Menschen ist. Ob Menschen ohne Behinderung, als passive Mitreisende, eher beobachtend nebenherlaufen müssen. Zugegeben, der Weg wäre mit behinderten Menschen schon sehr bevölkert. Zum Jahresende 2017 lebten allein in Deutschland rund 7,8 Millionen behinderte Menschen, Personen, die körperlich, geistig, seelisch oder durch ihr Nervensystem eingeschränkt sind. Nicht selten kommen mehrere Einschränkungen zusammen.
Die Spuren auf diesem Weg sind die Spuren des Nazareners. Und der Nazarener beschränkt sich nicht auf einzelne Gruppen. Er lädt alle ein, die sich plagen und von ihrer Last beinahe erdrückt werden. Er bietet an, ihnen ihre Last abzunehmen und möchte sie »lebendig machen« (Mt. 11,28). Ein Angebot für alle Menschen. Daran müssen sich auch die nachgeborenen Schüler halten.
Wenn es nur so einfach wäre! Durch Einschränkungen werden wieder und wieder neue Kreuze gezimmert. Etwa in der geistlichen Begleitung oder in der Bibelarbeit. Beansprucht eine Seite biblische Texte für sich, werden sie zur Kampfliteratur verschiedener christlicher Lager und Schulen. Die Art des Nazareners mit Menschen umgehen, nimmt eine Gruppe zum Vorbild für eine vermeintlich bibeltreue Sozialordnung. Eine andere Gruppe liest die Texte und meint, sie seien geistlich zu deuten, seien nur Sinnbild für spirituelle, innere Entwicklungen.
Ein Hinweis am Rande: Von Zeit zu Zeit streitet die Öffentlichkeit darüber, ob die Bezeichnung »Behinderte(r)« eine Diskriminierung darstellt und durch umschreibende Wörter ersetzt werden sollte. Ich verwende die Formulierung »behinderter Mensch«, weil sie offenlässt, ob eine Person behindert ist oder ob sie behindert wird.
© 2020 Matthias Möller
Informationen zu behinderten Menschen in Deutschland
Webseite des statistischen Bundesamtes
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